Erbschaftssteuer – warum eigentlich nicht?

Veröffentlicht am 20.04.2012 in Bundespolitik

Kommentar von Hermann Zoller

Bund, Länder und Gemeinden brauchen zur Erledigung wichtiger Aufgaben mehr Geld. Die Schuldenbremse soll verhindern, dass dafür Schulden gemacht werden. Eine Alternative wäre, dass der Staat Leistungen herunterschraubt. Ist das der richtige Weg?



Mal ganz allgemein zusammengefasst: was der Staat tut, das dient uns Bürgerinnen und Bürgern. Jetzt kann man über die einzelnen Gesetze, Maßnahmen usw. streiten, aber im Grundsatz ist die vereinfachende Feststellung richtig. Für die Erfüllung seiner Aufgaben braucht der Staat Geld. Wir die Bürger müssen dafür unseren Beitrag leisten: der eine mehr, der andere weniger.

Beim Einsammeln des Geldes über Steuern und Abgaben sollte es möglichst gerecht zugehen: breite Schultern sollten mehr tragen. Diese Gerechtigkeit stellt sich freilich nicht von selbst ein. In einem Wettstreit der Interessen wird versucht, die Waagschalen auf gleiche Höhe einzupendeln. Das ist die Theorie.

In der Praxis sehen wir, dass die Schneiden der Schere immer weiter auseinander gehen; plakativ formuliert: die Reichen werden reicher, die Armen ärmer. Die Vermögens- und Einkommensstatistik weist dies aus. Und deshalb gibt es zurecht immer wieder Diskussionen darüber, wie es gelingen kann, die Schere wieder etwas zu schließen oder doch zumindest ihr Aufklappen zu bremsen, um etwas bescheidener zu formulieren.

Eine der Steuern, die in der Diskussion immer wieder auftaucht, das ist die Erbschaftssteuer. Derzeit werden in Deutschland im Jahr rund 250 Milliarden Euro vererbt. Davon gehen vier Milliarden Euro als Erbschaftssteuer in die Staatskasse, also gerade mal 1,6 Prozent.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 1995 Ungerechtigkeiten bei der Erhebung der Vermögenssteuer festgestellt. Die Bundesregierung „korrigierte“ die Auflagen einfach dadurch, dass sie diese Steuer im Grunde völlig abgeschafft hat. Vor dem Hintergrund der aktuellen finanziellen Lage des Staates und den Folgen der von Finanzspekulanten verursachten Finanzkrise – die der Staat mit dreistelligen Milliarden-Beträgen, die letztlich die Bürgerinnen und Bürger bezahlen dürfen –, stellt sich zurecht die Frage, ob nicht doch die „breiteren Schultern“ etwas mehr von dieser Last übernehmen sollten.

Eine Möglichkeit wäre, die Vermögenssteuer wieder einzuführen. Anlass zum Nachdenken gibt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesfinanzministeriums. Im einzelnen: Zu den 2008 in Kraft getretenen Änderungen des Steuerrechts gehörten vor allem Vergünstigungen für das Betriebsvermögen, weil die Steuer angeblich die Existenz von Betrieben und Jobs gefährde. Nun haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass diese Vergünstigungen „nicht zu rechtfertigen“ seien. Statt Arbeitsplätze zu erhalten, können Anreize zur „Steuergestaltung“ sogar Arbeitsplatzverluste verursachen, so das vernichtende Urteil. Die Bundesregierung sieht dennoch keinen Anlass zur Reform. Wen wundert’s!?

Das Verhalten der schwarz-gelben Regierung ist allerdings nicht einfach Lustlosigkeit oder Unvermögen. Dahinter stehen grundsätzliche Leitlinien ihrer Politik: Die Reichen sollen geschont werden. Und wenn immer weniger Geld in den Kassen ist, dann muss man halt sparen. Und wen trifft es, wenn der Ausbau der Kinderbetreuung stockt, wenn unserem Bildungswesen Geld fehlt, der Sozialstaat abgebaut wird – wenn die Leistungen der öffentlichen Hand immer teurer und schlechter werden? – Mit der Vermögenssteuer könnte man ein bisschen gegensteuern, ein bisschen mehr Gerechtigkeit herstellen.

Zum Schluss ein bisschen Statistik. Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen minus bezahlte Steuern sind seit dem Jahr 2000 (100 %) auf 141 % im Jahr 2010 gestiegen, das Volkseinkommen nur auf 107 % und die Löhne minus Steuern und Sozialabgaben auf 98 % gesunken. – Da gab’s mal einen Ludwig Erhard, der „Wohlstand für alle“ wollte.


Hermann Zoller


Überblick über vermögensbezogene Steuern in Deutschland

Quelle: „Vermögensbesteuerung – Chancen, Risiken und Gestaltungsmöglichkeiten“, Broschüre der Friedrich-Ebert-Stiftung

Steuern auf den Vermögensbestand

In Deutschland darf die allgemeine Vermögensteuer seit 1997 nicht mehr erhoben werden, da der Gesetzgeber auf die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1995 erforderliche Reform des Bewertungsverfahrens für Grund- und Immobilienvermögen verzichtete. Bis dahin wurde bei natürlichen Personen produktives Vermögen (z. B. Vermögen eines Gewerbebetriebs) mit 0,5 Prozent und nichtproduktives Vermögen (z. B. Grundbesitz) mit 1 Prozent besteuert, Betriebsvermögen von Kapitalgesellschaften mit 0,6 Prozent.

Die deutsche Grundsteuer umfasst die Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftlich genutztes und die Grundsteuer B für sonstiges Grund- und Immobilienvermögen. Ihr Aufkommen steht den Gemeinden zu; die Bemessungsgrundlage ist durch ein Bundesgesetz bundeseinheitlich geregelt, während die Gemeinden den Steuersatz durch die Wahl des Hebesatzes bestimmen und das Aufkommen vereinnahmen. Die Grundsteuer belastet die steuerlichen Einheitswerte von Eigenheimen im Durchschnitt mit etwa 1 Prozent und von Mehrfamilienhäusern mit etwa 1,4 Prozent, wobei die Einheitswerte (die in Westdeutschland im Jahr 1964 und in Ostdeutschland im Jahr 1935 festgelegt wurden) nur einen Bruchteil der tatsächlichen Verkehrswerte erfassen.

Vermögensabgaben wurden in Deutschland zuletzt im Rahmen des so genannten „Lastenausgleichs“ erhoben: Sie betrugen 50 Prozent des am 21. Juni 1948 vorhandenen Vermögens – unter Berücksichtigung persönlicher Freibeträge und Verbindlichkeiten – von natürlichen und juristischen Personen. Bereits zur Finanzierung des Ersten Weltkrieges waren in Deutschland verschiedene Vermögensabgaben herangezogen worden.

Steuern auf den Vermögensübergang

Die deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer, deren Aufkommen den Ländern zusteht, während die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt, wurde in Deutschland zum 1. Januar 2009 grundlegend reformiert. Mit dem „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ wurden zum 1. Januar 2010 die Regelungen für das betriebliche Vermögen sowie die Steuerklasse II noch einmal verändert. Grund- und Immobilienvermögen im Privatbesitz werden ebenso wie Betriebsvermögen grundsätzlich zum Verkehrswert besteuert.

Sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich werden – als Ausgleich für die höhere Bewertung von Grund- und Betriebsvermögen – sehr großzügige Freibeträge bzw. Verschonungsregelungen gewährt. Mit der Reform wurden die persönlichen Freibeträge deutlich angehoben, für betriebliches Vermögen ist unter bestimmten Voraussetzungen vollständige Steuerfreiheit möglich. Die Steuersätze betragen für nahe Verwandte 7 Prozent bis 30 Prozent, Erbschaften und Schenkungen zwischen Nicht-Verwandten werden mit maximal 50 Prozent besteuert.
Die Grunderwerbsteuer befindet sich in Deutschland in der Steuerhoheit der Bundesländer, die seit 2006 frei in der Festlegung des Steuersatzes sind. Mit Ausnahme von Berlin, Hamburg und Sachsen-Anhalt, wo der Steuersatz 4,5 Prozent beträgt, wenden alle Bundesländer einen einheitlichen Steuersatz von 3,5 Prozent an. Bemessungsgrundlage ist in der Regel der Verkaufspreis.

Kapitalverkehrsteuern werden in Deutschland keine mehr erhoben. Die Wertpapiersteuer (auf den Ersterwerb von Schuldverschreibungen und damit die Aufnahme von Fremdkapital) wurde bereits 1965, die Börsenumsatzsteuer (0,1 Prozent auf Umsätze mit öffentlichen Anleihen, 0,25 Prozent auf Umsätze mit anderen festverzinslichen Papieren und Aktien) Ende 1990 und die Gesellschaftsteuer (1 Prozent auf den Ersterwerb an Gesellschaftsrechten an Kapitalgesellschaften und damit die Zurverfügungstellung von Eigenkapital) Ende 1991 abgeschafft.

Steuern auf den Wertzuwachs von Vermögen

In Deutschland werden Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Finanztiteln im Privatbereich seit der 2009 implementierten Reform der Besteuerung von Kapitalgewinnen unabhängig von der Behaltedauer der zugrunde liegenden Finanztitel an der Quelle mit einer Abgeltungsteuer von 25 Prozent besteuert, die von den Finanzinstituten einbehalten und abgeführt wird. Veräußerungsgewinne aus Grund- und Immobilienvermögen unterliegen weiterhin innerhalb einer Spekula-
tionsfrist von zehn Jahren der progressiven Einkommensteuer; nach Ablauf dieser Spekulationsfrist oder wenn die Immobilie seit dem Erwerb ununterbrochen bzw. in den beiden vor hergehenden Jahren vor dem Verkauf zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, sind sie steuerfrei.

 
 

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