Günter Grass: „Der dritte Weltkrieg hat begonnen“

Veröffentlicht am 20.12.2014 in Politik

Nach langer Zeit hat der Schriftsteller, Grafiker und Bildhauer Günter Grass sich zu aktuellen Fragen geäußert. In einem Interview, das am 20. Dezember 2014 in der Wiener Zeitung „derStandard“ veröffentlicht wurde, benennt er Entwicklungen, die ihn zu der Einschätzung führen: „Der dritte Weltkrieg hat begonnen.“ Seine Hinweise sollte man sich mal durch den Kopf gehen lassen.

Vermisst werden von Günter Grass Politiker wie Willy Brandt: „Es fehlt uns seine Art, Politik zu betreiben, den Gegner nicht als Feind zu behandeln, sondern als jemanden, mit dem man reden, den man verstehen, dessen Interessen und Belange man erst einmal begreifen muss, bevor man einen langen und von Rückschlägen gezeichneten Verhandlungsweg begeht.“

Günter Grass wünscht sich ein „Wiederaufleben der Sozialdemokratie, jener Interessengruppierung, die sich für die Abhängigen im breitesten Sinne des Wortes einsetzt“.

Dies sei notwendig, weil global die Tendenz zu beobachten sei, „dass Reich und Arm immer weiter auseinanderdriften“.

Die Sozialdemokratie hat schon bessere Zeiten gesehen

Vor diesem Hintergrund erinnert Günter Grass: „Früher führten Willy Brandt, Bruno Kreisky und Olof Palme die Sozialistische Internationale an. Zu dem Zeitpunkt hatte sie auch internationales Gewicht. Als, zum Beispiel, in Portugal die Nelkenrevolution begann, meinten die Amerikaner, das sei eine kommunistische Gefahr, gegen die man nach dem Modell Chile vorgehen sollte. Damals hat die Sozialistische Internationale mit Brandt an der Spitze den Plan von Henry Kissinger verhindert, zugunsten Portugals und aller Menschen in Europa. Ein solches Gewicht hat die Sozialdemokratie heute nicht mehr.“

Als Gründe macht Grass dafür aus: „Das liegt sicher auch daran, dass der Kapitalismus als System in der Lage war, sich zu globalisieren, die Gewerkschaften aber nicht. Die stecken nach wie vor in Tarifproblemen im nationalen Bereich fest, sie schaffen es nicht, eine grenzübergreifende Solidarität herzustellen. Das führt natürlich zu Machtverlust, und auch dazu, dass sich Arbeitnehmer in Gewerkschaften und der Sozialdemokratie nicht mehr zu Hause fühlen.“

Viel Unrecht in der Welt

Das russische Putin-System findet Günter Grass „schrecklich“. Aber er fügt hinzu: „Aber wenn ich es verstehen will, muss ich die Angst der Russen begreifen, dass Russland in die Zange genommen wird, wenn demnächst Georgien und Moldawien zur Nato gehören sollten.“ Und: „Ich hätte mir für Deutschland, das die Problematik in Bezug auf Russland kennen müsste, eine eher zurückhaltende Haltung gewünscht.“

Ein Blick auf die Welt bringt Günter Grass zu einer beängstigenden Lagebeurteilung. In der Gesamtschau ergibt sich für ihn eine kriegerische Lage: „Das Unrecht geschieht vor unseren Augen an vielen Orten der Welt, in Afrika, im Nahen Osten, in der Ukraine. Wir wissen das alles. Zu den Hungersnöten, die provoziert werden, obwohl Nahrung für alle da ist, kommt die Wasserknappheit, die Klimaveränderung. Es findet alles gleichzeitig statt. Der dritte Weltkrieg hat schon begonnen - und es ist ein Verteilungskrieg. Historiker werden im Nachhinein darüber streiten, wann genau er anfing.“

Als Beispiele nennt Grass an anderer Stelle des Interviews: „Wir erleben es nicht nur durch Waffengewalt, sondern auch auf schleichende Art und Weise. Wenn die Preise für Mais, Sojabohnen und andere Grundnahrungsmittel an der Börse in Chicago mit Spekulationsgewinn verhandelt werden, heißen zwei Prozent weniger oder zwei Prozent mehr unter dem Strich hunderttausend Verhungerte in Afrika und in Asien. Und das ist alltägliche Politik, auf anders meisterhafte Art ein permanenter, schleichender Völkermord.“

Den Kapitalismus unterschätzt

Von dem „standard“-Journalisten um eine kleine Bilanz seines Lebens gebeten stellt Günter Grass fest: „In meinen politischen Einschätzungen habe ich die Macht der Banken unterschätzt. Auch habe ich zu lange an die moralische Stärke und Überlegenheit Amerikas geglaubt, obwohl ich es hätte besser wissen müssen. Ich habe den Einfallsreichtum des Kapitalismus unterschätzt.“ Sein Eintreten in Wahlkämpfen für die SPD, die viel Zeit und Kraft gekostet hätten, habe er aber nie bereut.

 

(Zusammenfassung: Hermann Zoller)

 
 

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