Von Hermann Zoller
Wenn schon die Bertelsmann-Stiftung warnt, dann wird ganz bestimmt was dran sein: „Wir können uns eine verlorene Generation in Europa nicht leisten“, so Aart De Geus, der Vorsitzende des Vorstands der Stiftung zur Vorstellung des neuen „Social Justice Index“. Die Untersuchung belegt: die soziale Spaltung in Europa wird größer.
Die Ergebnisse sind alarmierend: Mehr als ein Drittel aller Kinder und Jugendlichen in Spanien und Griechenland sind von Armut und sozialem Ausgrenzen bedroht. Ihren Altersgenossen in Großbritannien haben es nicht besser. In Italien besucht einer von drei jungen Erwachsenen keine Schule, hat keinen Job oder Ausbildungsstelle. Und jeder neunte EU-Bürger unter 18 leidet unter schwerer materieller Not.
Deutschland schneidet im internationalen Ranking relativ gut ab, aber auch bei uns ist nicht alles Sahne: 40 Prozent aller Arbeitnehmer haben ein atypisches Beschäftigungsverhältnis. Die Zahl derer, die trotz Vollzeitjob von Armut bedroht sind, ist zwischen 2009 und 2013 von 5,1 auf 6,3 Prozent gestiegen. Kinder aus sozial schwachen Familien haben es unverändert schwer, einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen: EU-weit.
Die Untersuchung empfiehlt den EU-Staaten „einen ganzheitlichen Blick auf die Ursachen für soziale Ungerechtigkeit, ihre Auswirkungen und ihre politischen Interventionsmöglichkeiten einzunehmen“. „Ganzheitlich“ ist gut, wird aber in dem Bertelsmann-Papier nicht unterfüttert. Jedenfalls fragt die Bertelsmann-Studie nicht nach den Wurzeln der sozialen Probleme. Weder wird das Thema gerechtes Steuersystem, erst recht nicht die Erbschaftssteuer und schon gar nicht die staatliche Sozial- und Wirtschaftspolitik angesprochen. Auch müsste man gerade beim Erarbeiten eines „Social-Index“ auf die Auswirkungen der Sparpolitik rund um die „schwarze Null“ und die der Austeritätspolitik, die besonders im südlichen Europa wütet, stoßen.
Hermann Zoller
Wollen wir ein soziales Europa, dann genügt es nicht unsoziale Entwicklungen zu beschreiben. Wir brauchen eine andere Politik. Darüber möchten wir mit Ihnen diskutieren: 20. April, 19.00 Uhr, Begegnungsstätte. Der SPD-Ortsverein Schwaikheim lädt Sie dazu ein.