Warum soll ich die „Winnender Zeitung“ noch kaufen? – Warnung vor einem Selbstmord auf Raten!

Veröffentlicht am 15.05.2020 in Kommunalpolitik

Hermann Zoller

Ein Kommentar von Hermann Zoller

 

Das ist ein schönes Bild: viele Blumentöpfle, dazwischen freundlich lächelnde Menschen und ein ebenso lächelnder Bürgermeister. Er will so ein Dankeschön überbringen für das in Corona-Zeiten gezeigte Engagement. Eine schöne Geste – bei der es hoffentlich nicht bleiben wird. Ein schönes Bild: donnerstags auf der Titelseite des gemeindlichen Mitteilungsblattes, einen Tag später fast eine viertel Seite füllend in der „Winnender Zeitung“. Den Bedankten ist so viel Ehre von Herzen zu gönnen – aber es gibt darüber hinaus Fragen, die über diesen Anlass hinausgehen.

 

Öffentlichkeitsarbeit ist auch für eine Gemeinde eine wichtige Aufgabe: sie informiert im örtlichen Mitteilungsblatt und gibt Presseinformationen heraus. Das ist gut so, denn die Öffentlichkeit – wir Bürgerinnen und Bürger – haben ein Recht darauf zu erfahren, was eine Gemeindeverwaltung so tut, was den Gemeinderat so umtreibt. Dass dies nicht immer nur faktenorientierte trockene Mitteilungen sind, sondern auch PR betrieben wird, ist üblich, auch richtig, denn die Gemeinde soll ja in gutem Licht erscheinen. Das ist – um im Bild zu bleiben – der erste Akt.

 

Der zweite Akt spielt sich in den Räumen der Zeitungsredaktion ab. Hier muss man sich mit den rathäuslichen Texten auseinandersetzen: Was machen wir daraus? Ist die Info aus dem Rathaus für die Öffentlichkeit von Relevanz? Macht man daraus eine Meldung? Wäre es wichtig, dazu Stellungnahmen anderer kommunalpolitischer Entscheider einzuholen? Machen wir etwas Größeres daraus? Gibt es eventuell ergänzende Informationen, die man Leser und Leserin bieten sollte? Vielleicht drängt sich ein Kommentar noch auf? – Alles journalistisches Handwerk, so wichtig wie dem Maler sein Pinsel.

 

Bei der „Winnender Zeitung“ hat man sich wohl schon vor einiger Zeit für ein anderes „Handwerkszeug“ entschieden: Man freut sich offenbar auf jede Zeile aus dem Schwaikheimer Rathaus (aus anderen womöglich auch, aber das mag ich nicht zu beurteilen). Auch über bunte Bilder. Das geht dann unverändert und dekorativ ins Blatt: ohne Hinweis, dass es sich hier um eine amtliche Presseinformation aus der PR-Abteilung des Rathauses handelt, schon gar nicht, dass es ein Nachdruck eines Beitrags aus dem bereits einen Tag zuvor erschienen örtlichen Mitteilungsblatt ist. Der Öffentlichkeitsarbeiter kann dem Rathauschef einen weitere Trophäe vorführen.

 

Überhaupt fällt auf, dass in den amtlichen Verlautbarungen meist einer in besonderer Weise hervorgehoben und lobend erwähnt wird: der Bürgermeister. Ehre wem Ehre gebührt, aber wie fragte schon Bertolt Brecht: „Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?“

 

„Die Presse“ hat in einer Demokratie eine besondere Aufgabe, die sich bewusst zu machen, schon recht bedeutungsvoll ist. Eines lässt sich schnell feststellen: Ihrer Rolle gerecht wird sie bestimmt nicht mit der 1:1-Übernahme rathäuslicher PR-Texte, gar noch ohne Quellenangabe. Sie soll sich eher als wachsames Auge mit kritischem Blick verstehen.

 

Aber auch wirklich gar nichts spricht gegen einen Bericht über ein Dankeschön der Gemeinde an ihre Mitarbeiter*innen für ihren besonderen Einsatz in Corona-Zeiten. An der feierlichen Zeremonie mit der Übergabe von schönen Blumen hätte aber auch ein Mitglied der Redaktion teilnehmen können, mit den Beschenkten ein paar druckfähige Worte wechseln, ein redaktionseigener Fotograf eine spezielle Perspektive wählen können. Vielleicht hätten dann Leser und Leserin interessante Erfahrungen erfahren. Vor allem: die „Winnender Zeitung“ wäre als ein Blatt mit einer aktiven Redaktion in Erscheinung getreten.

 

Nur dies geht eigentlich nicht: die zunehmende Übernahme von Texten aus dem Rathaus ohne jeden weiteren Hinweis auf Verfasser bzw. Quelle. In diesem Fall eben besonders peinlich, weil wort- und bild-gleich schon 24 Stunden früher im örtlichen Mitteilungsblatt gestanden. Und: So kann man der quicklebendigen Konkurrenz aus dem Nußbaum-Verlag mit seinem wuchernden Wald an gemeindlichen Mitteilungsblättern nicht Paroli bieten.

 

Damit stellt sich für die Zeitung eine existenzielle Frage: Warum soll ich die „Winnender Zeitung“ kaufen, wenn sie – offensichtlich mit steigender Tendenz – ihr Ziel darin sieht, sich mit einer Zweitverwertung des örtlichen Mitteilungsblattes zu begnügen. Die Zeitungen haben eh um ihre Existenz zu kämpfen. Der in Winnenden gewählte Weg führt eher zu einem Selbstmord auf Raten. – Davor will dieser Kommentar warnen.

 

So willig die „Winnender Zeitung“ die Text- und Bildprodukte aus rathäuslicher „Feder“ weiterreicht, so bockig ist die Redaktion, wenn ihr eine Stellungnahme einer Fraktion angeboten wird. Da wird auch nicht nachgefragt, nicht recherchiert – sondern großzügig auf die Leserbriefspalte mit beschränktem Umfang verwiesen. – Aber das wäre schon eine neue Geschichte.

 

Hermann Zoller

 

Anmerkung der Redaktion: Hermann Zoller ist Journalist im Ruhestand

 
 

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