Eindrücke aus Südafrika

Veröffentlicht am 07.01.2023 in Politik

Meist kümmern wir uns um unsere eigenen vier Wände, um Schwaikheim, um Deutschland, Europa. Das ist schon viel Stoff. Mal einen Blick auf eine andere Ecke der Welt zu werfen, kann aber auch interessant sein. Ein Kollege von mir ist weltweit auf Achse. Ab und zu sendet er mir einen Reisebericht, meist mit viel Privatem, aber auch allgemeine Eindrücke, die interessant sind. Aus seinem neuesten Bericht will ich einfach mal unkommentiert hier ein paar Zitate anfügen. Es sind Beobachtungen aus Südafrika:


… Von dem Gegensatz der vielen, meistens leerstehenden Ferienhäusern und dem slumartigen Viertel, das von Schwarzen bewohnt wird hatte ich schon berichtet. Es wird übrigens „Sea Vista“ genannt, was auf mich jedoch eher zynisch wirkt, denn von einem Seeblick kann in diesem Viertel nicht die Rede sein.

Kurz vor unserer Abreise hatte ich einen jungen Mann - Sam - kennengelernt, der in „Sea Vista“ lebt. Ich fragte ihn, wie er diese sozialen Ungerechtigkeiten denn fände. „Wir müssen alle friedlich miteinander auskommen“ war seine Antwort. Als wenn ich ihn gefragt hätte ob er mit anderen den bewaffneten Kampf aufnehmen will. In jedem Falle begehrt er nicht auf, brachte nicht zum Ausdruck, dass er es ungerecht fände, dass die Wohlhabenden vorwiegend Weiße seien. „Wir in ‚Sea Vista‘ haben ja auch einen Vorteil davon, dass so viele Weiße hier leerstehende Häuser haben. Viele von uns haben so einen Job und kümmern sich um diese Anwesen.“

Der Fatalismus und die Selbstgenügsamkeit von Sam fand ich schon recht deprimierend. Aber letztlich ist das eine Bewusstseinsform, die in Deutschland vor anderem Hintergrund, aber doch in ähnlicher Weise auch vorzufinden ist.

Je länger ich in Südafrika unterwegs bin, desto stärker wird bei mir der Eindruck, dass die jahrzehntelange Apartheid, die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerungsmehrheit tiefgreifende und schwerwiegende Konsequenzen hat. Mein Eindruck ist, dass die Erniedrigung und Respektlosigkeit gegenüber den Schwarzen bei sehr vielen von ihnen zu einer massiven kollektiven Inferiorität (Minderwertigkeitsgefühl) geführt hat.

Ich vermute, das alle Schwarzen, die heute älter als 35 Jahre alt sind, noch eine lebendige Erinnerung an die Unterdrückung während der Apartheid haben. Die Erniedrigung von der Polizei nur wegen ihrer Hautfarbe schikaniert, gedemütigt und gejagt worden zu sein, scheint mir tief in ihnen zu stecken. Solche Lebenserfahrungen schüttelt man auch nicht so einfach ab, auch nicht mit einem Reconcilation Day (Tag der Versöhnung). Selbst wenn man es vergessen möchte. Wie sich Tränengas anfühlt, das selbst gegen kleine Kinder eingesetzt wurde von der Polizei in ihren „Hippos“ (Flußperd) genannten Geländewagen, gehört zu den unvergesslichen Erfahrungen. – Eine gut qualifizierte schwarze Frau erzählte mir, dass sie während eines beruflichen Aufenthaltes in Europa vor wenigen Jahren es schlicht emotional nicht fassen konnte, dass ihr Zimmer von einer weißen Frau geputzt wurde…

Auch in Südafrika gibt es Immigranten bzw. Flüchtlinge aus anderen afrikanischen Ländern. Bereits in der ersten Woche in Cape Town lernte ich einen Nigerianer kennen, der wegen der chaotischen Lage in seinem Land schon seit 13 Jahren hier lebt. Und dann lernte ich Tsinani kennen. Er stammt aus Zimbabwe und ist vor Jahren wegen den desaströsen Verhältnissen geflüchtet, die unter der Präsidentschaft von Mugabe entstanden sind. Es ist bedrückend, dass in den nördlich von Südafrika gelegenen Ländern wie Angola, Zimbabwe und Mozambique nach der Befreiung vom Kolonialismus, den ich damals freudig begrüßt habe, keine positive Entwicklung möglich wurde. Die Immigration aus anderen schwarzafrikanischen Ländern stößt zumindest bei einem Teil der schwarzen südafrikanischen Bevölkerung auf Vorbehalte, da sie die Immigranten als Konkurrenten bei Wohnungen und Jobs sehen…

„Load shedding“; alle Menschen in Südafrika wissen was das ist. Wörtlich übersetzt heißt dies „Lastabwurf“ und meint die stundenweise Abschaltung der Stromversorgung. Es gibt sogar eine App in der man nachsehen kann wann der Strom an dem jeweiligen Aufenthaltsort abgeschaltet wird. Meistens dauert es zwei Stunden bis die Stromversorgung wieder vorhanden ist. Ohne Elektrizität steht vieles still. Besonders blöd ist dies zum Beispiel für Kühlschränke, da mit der Unterbrechung der Kühlkette, vor allem bei Tiefkühlkost viele Nahrungsmittel schnell verderben können. Kein Wunder, dass jeder, der es sich leisten kann einen Generator hat. So laufen beim Stromausfall zigtausende, vielleicht hunderttausende von Kleingeneratoren im Lande an, die alle mit Benzin oder Diesel betrieben werden. Ökonomisch ist das hochgradig ineffizient und ökologisch eine Katastrophe. 

 

„Expert:innen schätzen, dass jede Stunde ohne Strom die dortige Wirtschaft rund 500 Millionen Rand kostet, etwa 27 Millionen Euro. Noch nie gab es so viele Ausfälle wie 2022: Während Südafrika 2015 insgesamt 836 Stunden ohne Strom auskommen musste, sind es dieses Jahr schon 3085 Stunden.“ – Hintergründe:
https://www.tagesspiegel.de/internationales/das-skandalunternehmen-eskom-was-hinter-sudafrikas-energiekrise-steckt-9066886.html

„Was der Markt nicht regelt, regeln wir“, ist eine aktuelle Forderung der Linken in Deutschland. Im Grundsatz richtig, jedoch zeigt das südafrikanische Beispiel, dass die bloße Überführung eines Unternehmens wie der Stromerzeuger Eskom in staatliches Eigentum nicht hinreichend ist. Hinzukommen müssen gelebte, demokratische Willensbildungsstrukturen, die das „Wir“ mit Leben füllen. Und es muss dafür gesorgt werden, dass mit hoher Kompetenz ohne Vetternwirtschaft und Korruption gearbeitet wird. 

 

Die Zitate ausgewählt hat Hermann Zoller

 
 

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