Das historische Datum: Vor 60 Jahren Streik für Lohnausgleich im Krankheitsfall

Veröffentlicht am 23.10.2016 in Bundespolitik

Vieles von dem, was uns heute so selbstverständlich erscheint, ist nicht vom Himmel gefallen. Vielen Menschen haben sich dafür eingesetzt, nicht zuletzt mit Streiks erkämpft. Am 24. Oktober 1956 begannen die Metallarbeiter in Schleswig-Holstein mit den Streiks für einen Lohnausgleich im Krankheitsfall, für Urlaubsgeld und einen längeren Urlaub.

Es war schon lange ein Ziel der Gewerkschaften, die Unterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu beseitigen. Für die Verwirklichung einer der Hauptforderungen des DGB-Aktionsprogramms wurde 16 Wochen im Tarifgebiet Schleswig-Holstein der Metallindustrie gekämpft. Der bis zum 8. Februar 1957 dauernde Streik stellte ein Novum in der Streikgeschichte der Bundesrepublik dar, weil es nicht um Lohn- und Gehaltserhöhungen ging, sondern um die Verbesserung manteltariflicher Bestimmungen. Für die zeitgenössischen Kommentatoren war dieser Streik eine Meilenstein in dem Ringen um soziale Gerechtigkeit. Weder vorher noch nachher hat es einen Streik in solcher Einzigartigkeit in der Bundesrepublik gegeben.

Ausgangspunkt des Streiks war die Kündigung des Rahmentarifvertrags in Schleswig-Holstein zum 31.12.1955. In den Gremien der IG Metall wurde ein neuer Entwurf erarbeitet und am 14.3.1956 von der großen Tarifkommission gebilligt. Die entscheidenden Forderungen waren:

- Verkürzung der Arbeitszeit mit vollen Ausgleich 


- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für gewerbliche Arbeiter 


- Verbesserung des Urlaubs und Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes 


- Verbesserung des bisherigen Abschnittes Entlohnung

Die ersten Verhandlungen begannen am 28. Juli 1956. Durch das zwischenzeitlich durch den Gesamtverband der metallindustriellen Arbeitgeberverbände und der IG Metall ausgehandelte „Bremer Abkommen“ vom 13.6.1956 stand die Arbeitszeit nicht mehr zur Debatte. Die Arbeitgeberseite lehnte alle Verhandlungen über den Rahmentarifvertrag ab, mit dem Hinweis auf das „Bremer Abkommen“. Die Verhandlungen wurden dennoch am 27.9.1956 und 28.9.1956 fortgesetzt.

Zwar wurde in einigen Punkten Einigkeit erzielt, aber die Forderungen nach verlängerten Urlaub, Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung wurden von der Arbeitgeberseite abgelehnt. Nach dem Scheitern der Verhandlung beschloss der Vorstand eine Urabstimmung  – über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, die Erhöhung des Urlaubes, die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes – die am 11. und 12. Oktober stattfand. 77,5 Prozent der Abstimmungsberechtigten waren bereit für diese Forderungen in den Streik zu treten. Eine Besprechung beim schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Kai-Uwe von Hassel mit den beiden Konfliktparteien scheiterte, woraufhin der Hauptvorstand der IG Metall am 22. Oktober 1956 grünes Licht für Streiks setzte, falls die Arbeitgeberseite nicht die Schlichtungsstelle anrufen würde.

Da dies nicht geschah, begann am 24. Oktober 1956 ab 6 Uhr morgens vorerst auf den Werften in Schleswig-Holstein der Streik. Von den insgesamt 45.000 Arbeitern in der Metallindustrie legten rund 26.000 aus 15 Betrieben ihre Arbeit nieder. Die Tarifkommission hatte sich entschlossen nicht alle vom Tarifvertrag erfassten Betriebe gleichzeitig zu bestreiken. Mit dieser Taktik sollte, falls erforderlich, jederzeit die Streikfront vergrößert werden.

Zur Information der Streikenden und der Öffentlichkeit erschienen täglich „Streiknachrichten“, Streikversammlungen und monatliche Kundgebungen wurden in größeren Städten abgehalten und in mehreren Kinos fanden Filmveranstaltungen statt. Streikunterstützung in finanzieller und materieller Form (Weihnachtspakete) kamen vom DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften.

Im Dezember 1956 machte Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel einen ersten Vermittlungsvorschlag, es folgte Ende Dezember ein Schlichtungsversuch unter Vorsitz von Professor Arthur Nikisch. Die Vorschläge wurden in der Urabstimmung am 7.1.1957 abgelehnt. Eine weitere Schlichtung unter Vorsitz des früheren Arbeitsministers von Nordrhein-Westfalen Johann Ernst, die vom 22. bis 24. 1.1957 in Bonn stattfand, kam zwar zu einem Kompromiss, jedoch wurde dieser in der Urabstimmung am 30.1.1957 ebenfalls abgelehnt.

Am 8.2.1957 trat zum zweiten Mal die 
Schlichtungsstelle zusammen. Deren verbesserter Vermittlungsvorschlag wurde zwar mit knapp 58 Prozent von den Streikenden abgelehnt, aber die statuarische 2/3 Mehrheit zur Weiterführung des Streiks wurde nicht erreicht, somit war der Streik beendet und am 15. Februar 1957 wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Am Ende des Arbeitskampfes standen schließlich ein Teilerfolg in der Lohnfortzahlungsfrage, der das vom Bundestag im Juni 1957 beschlossene „Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle“ prägte, dem Vorläufer für die endgültige Gleichstellung durch das Lohnfortzahlungsgesetz von 1969.

Ein Urlaubsgeld konnte nicht durchgesetzt werden. Das blieb späteren gewerkschaftlichen Tarifverhandlungen überlassen.

Hermann Zoller /  FES

 
 

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