Den Armen nehmen, den Reichen geben. – Reimt sich das?

Veröffentlicht am 09.05.2016 in Politik

Ein Kommentar von Hermann Zoller

Greifen wir mal rein ins pralle Leben. Tag für Tag Lobeshymnen über die gute Lage unseres Landes: die Wirtschaft brummt, die Renten werden erhöht, niedrige Arbeitslosigkeit: alles ist gut. Jetzt trüben ein paar Spritzer den blankgewienerten Spiegel.

Schauen wir mal genauer hin. Trotz der einst so gelobten Rentenreform stellt sich nun heraus, Altersarmut droht – nein sie ist schon da. Trotz harter Tarifverhandlungen hinken Löhne und Gehälter der boomenden Wirtschaft hinterher. Dafür ballt sich bei den Reichen immer mehr Reichtum. Auf dem Arbeits-„Markt“ werden auch nicht für alle Rosen gestreut. Immer mehr haben nur einen unsicheren Arbeitsplatz, einen Teilzeitjob, eine Gelegenheitsarbeit – der Tagelöhner wird wieder zum Normalfall, meist schlecht bezahlt. In Baden-Württemberg will die grün-schwarze Landesregierung den Beamten ins Portemonnaie greifen. Von Arbeitnehmern hört man, dass Überstunden en masse geleistet, aber weder bezahlt noch abgefeiert werden. – Ein paar Beispiele, die die Lage anschaulich machen:

Hartz IV beschnitten – 14 Prozent mehr für VW-Chef

Ausgerechnet alleinerziehenden Frauen, die von Hartz IV leben müssen, soll Geld weggenommen werden. Um die Tage, die das Kind beim Vater verbringt, soll Hartz IV gekürzt werden. In nackten Zahlen: 270 Euro bekommt ein sechs bis 14 Jahre altes Kind in einem Hartz-IV-Haushalt. Ist das Kind zwei Wochenenden pro Monat beim Vater, werden der Mutter viel mal neun gleich 36 Euro abgezogen. Mal abgesehen davon, dass außer Essen und Trinken weder Miete, noch Versicherungen, noch Vereinsbeiträge, noch Heizung deswegen sinken – dass überhaupt jemand auf so eine Idee kommt, so kleinkariert ausgerechnet denen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen, mit einer solchen bürokratieerzeugenden Maßnahme aufzuwarten – man kann es nicht fassen und nur hoffen, dass Sozialministerin Nahles diese Idee möglichst bald dahin befördert, wo sie hingehört: in den Papierkorb.

Das Drama wird noch schrecklicher, wenn man gegenüberstellt, was auf der andere Seite sich abspielt. Da wird der VW-Konzern an den Rand seiner Existenz gebracht. Zehntausende von Arbeitnehmern müssen wenn nicht gar um ihren Arbeitsplatz so doch zumindest um ihr Einkommen fürchten. Und da sind die großen Wagenlenker doch nach einigem Druck schließlich bereit, die Auszahlung eines kleinen Teils ihrer Millionen-Vergütungen um einige Jahre zurückzustellen. Allerdings wird eine Rekord-Boni-Summe von 63 Millionen Euro ausgezahlt. – Ei der Daus, da klatschen wir doch heftig Beifall!

VW ist kein Einzelfall. Nehmen wir die Lufthansa. Konzernchef Carsten Spohr bekommt eine Gehaltserhöhung um 300.000 Euro; das sind 14 Prozent. (Um wieviel Prozent geht es bei den Tarifverhandlungen?) Seine Jahresbezüge steigen damit auf drei Millionen Euro. Die vier weiteren Vorstandsmitglieder bekommen 100.000 Euro mehr.

Schäuble setzt 600 Millionen in den Sand

Ein weiterer Mosaik-Stein, ein bisschen kompliziert, aber ins Bild passend: Schäuble hat entschieden, dass Gewinne aus „Streubesitz“-Aktienverkäufen steuerfrei bleiben. Darum geht es: Ursprünglich wollte Schäuble – wie auch die Bundesländer – eine Steuerpflicht für Gewinne aus sogenannten Streubesitz-Beteiligungen einführen. Damit werden frei handelbare Anteile bezeichnet, die nicht von Großinvestoren gehalten werden. Es geht um Anteile, die ein Unternehmen an einem anderen hält und die unter zehn Prozent liegen. Steuerbefreit sind bisher einbehaltene Gewinne, die durch eine spätere Veräußerung von Streubesitzanteilen realisiert werden. Der Bundesrechnungshof hatte diese „nicht gerechtfertigte Bevorzugung“ kritisiert und gefordert, diese abzuschaffen. Auch die Länder argumentieren, dass es keine überzeugenden Gründe gebe, Veräußerungsgewinne aus Streubesitzanteilen nicht zu besteuern. Wirtschafts- und Finanzpolitiker der Union im Bundestag halten dagegen, die Steuerpflicht wäre kein gutes Signal an Risikokapital-Geber und den Investitionsstandort Deutschland. Die Steuerbefreiung auf Ausschüttungen aus Streubesitzbeteiligungen unter zehn Prozent wurde bereits abgeschafft. Die Länder pochen darauf, dass die Steuerfreiheit für Gewinne aus der Veräußerung ebenso gestrichen wird wie für Gewinne aus Dividenden. Unserem Staat gehen durch Schäubles Entscheidung rund 600 Millionen Euro Jahr für Jahr verloren. Da denkt Schäuble auch nicht an die Schwarze Null; Hauptsache er kann der neoliberalen Doktrin ein Opfer bringen. Und das passt dazu: Schäuble würde gern das Renteneintrittsalter auf 70 Jahre erhöhen.

Milde Gaben von Susanne Klatten

Sie gilt als die reichste Frau Deutschlands: 18,5 Milliarden US-Dollar soll Susanne Klatten ihr eigen nennen. Ein beachtlicher Betrag. Steuerlich wird sie eher milde behandelt. Allein durch die 2009 erfolgte Änderung der Kapitalertragsteuer wird sie um 100 Millionen Euro entlastet, jährlich. Jetzt wird sie vielstimmig gelobt. Sie wolle dem Land etwas zurückgeben. Ihre Aktion sei gewissermaßen eine Spenden-Revolution: 100 Millionen Euro will sie in den nächsten fünf Jahren an 100 ausgesuchte soziale Projekte verteilen. Den Empfängern ist das Geld zu gönnen. Aber eine Frage stellt sich trotzdem: Wäre es nicht richtiger, wenn auch die Superreichen auf dem ganz normalen Weg der Steuererklärung an unseren Staat so viel abführen würden, dass dieser sich so sozial ausgestalten könnte, dass Spenden gar nicht notwendig wären, um soziale Selbstverständlichkeiten zu ermöglichen – und demokratisch entschieden würden und nicht nach der Gefühlslage von Superreichen.

Eine Neiddebatte ?

Typische „Neiddebatte“ wird vielleicht die eine oder der andere hier einwenden. So einfach ist das Problem aber nicht vom Tisch zu wischen. Eine staatliche Gemeinschaft, will sie eine demokratische sein, sollte sehr darauf achten, dass die Schere der Einkommen und Vermögen nicht zu weit auseinanderklafft, sonst wird es gefährlich. Vermögen bedeutet auch Macht. Und die, die wenig haben, fühlen sich ausgeschlossen, sie werden auch tatsächlich an den Rand gedrängt. Außerdem ist es eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Denn: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten. – Unterm Strich entsteht eine Gefahr für ein Gut, das uns nicht wertvoll genug sein sollte: die Demokratie. – Um die zu sichern, muss die neoliberale Ideologie als Leitfaden der Politik abgelöst werden.

 

Hermann Zoller

 
 

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