Bahn und Autostraßen auf neoliberalem Kurs

Veröffentlicht am 23.11.2016 in Bundespolitik

Viele sprechen davon, die Elektromobilität zu fördern. Offenbar kommt aber kaum jemand auf die Idee unser größtes und schon lange erprobtes von Elektrizität angetriebenes Verkehrsmittel – die Bahn – auszubauen. Die Autobahnen werden privatisiert, damit bei Spekulanten der Rubel rollt. Warum ist das so?

Ein Kommentar von Hermann Zoller

Vor wenigen Wochen, Ende Oktober hat es wieder so einen gravierenden Einschnitt gegeben: es fuhren die letzten Autozüge der Deutschen Bahn. Jetzt wird man sein Auto nicht mehr verladen können. Als Grund wurde genannt, dass sich die Züge „nicht mehr rechnen“. Immerhin waren sie sehr oft ausgebucht. Jetzt werden halt wieder einige tausend Autos mehr auf den Straßen rollen. – Umweltschutz?

Unsere Bahn wird aufs Abstellgleis geschoben

Der nächste Coup der Bahn-Manager: die Schlafwagen kommen auch aufs Abstellgleis. Begründung und Folgen siehe oben. Es gibt wenigstens ein Trostpflaster: Die Österreichische Bundesbahn wird dieses Geschäft übernehmen. Stellt sich die naheliegende Frage: Haben die zu viel Geld, um es auf deutschen Schienen zu verschleudern? Die ÖBB will künftig nächtliche Autozugverbindungen von Düsseldorf und Hamburg nach München und weiter nach Innsbruck betreiben. Auch einige Nachtzugverbindungen wollen die Österreicher übernehmen. Und oh Wunder: schon im ersten Jahr will die ÖBB Gewinne einfahren. Können das die Österreicher besser als unsere Bahn?

Nur zur Abrundung des Bildes sei daran erinnert, wo es bei „unserer“ Bahn sonst noch so mangelt: Lücken in der Elektrifizierung, schlechte Gleisanlagen, heruntergekommenes Zugmaterial, ausbaufähiger Regional- und Nahverkehr. Klar: Das alles kostet Geld. Dies kann über die Fahrpreise nicht hereingewirtschaftet werden. Aber warum eigentlich muss die Bahn Gewinne erwirtschaften? Eine bessere Infrastruktur der Bahn würde sich hervorragend bezahlt machen. Einem Industrieland wie Deutschland würde das gut bekommen.

Bei allem Frust: Es bringt nichts, auf „die“ Bahn zu schimpfen. Zwar wurde die Bahn vor Jahren in ein „privatrechtliches“ Unternehmen umgewandelt, aber der Eigentümer, die politischen Entscheidungsträger als Vertreter von uns, dem Volk, können dem Unternehmen Vorgaben machen, die den gesamtgesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden – auch wenn dann am Ende der Bilanz ein „Verlust“ ausgewiesen werden muss. Die Folgen der Missstände müssen wir auch bezahlen.

Opfergaben für den neoliberalen Götzen Schwarze Null

Und leider ist die Bahn nicht die einzige Schwachstelle unseres Transportwesens. Straßen und Brücken gehören ebenso zu diesem Sorgenpaket. Jetzt kommt man zur Beruhigung kritischer Gemüter in Berlin auf die Idee, die Autobahnen und die Bundesstraßen dem Bund auszuliefern. Im ersten Augenblick mag das ja einleuchten. Nach kurzem Nachdenken melden sich Bedenken.

Zunächst: eine Bündelung dieser wichtigen Infrastrukturaufgabe bei der Bundesregierung garantiert nicht automatisch eine Verbesserung. Die vorhandenen Missstände an Straßen, Schifffahrtskanälen und Brücken und nicht zuletzt bei der Bahn hätten schon längst abgearbeitet werden können – wenn man gewollt und nicht dem neoliberalen Götzen Schwarze Null gehuldigt hätte.

Und jetzt kommt auch noch das: Es soll eine „unter staatlicher Regelung stehende privatrechtliche Infrastrukturgesellschaft Verkehr“ gegründet werden. Damit ginge ein Wunsch von Schäuble in Erfüllung, der sich private Geldströme für den Autobahnausbau erhofft. Seit 2014 arbeitet eine von Gabriel eingesetzte Kommission daran. Wenn diese „Privatrechtliche“ jetzt kommt, dann geht es eher kurz als lang in die Privatisierung. Die Privatisierung von Autobahnabschnitten läuft ja schon längst; sie würde mit dieser neuen Gesellschaft noch beschleunigt werden.

Wirtschaftsminister Gabriel hatte in einer E-Mail an die SPD-Mitglieder als Erfolg verkündet: „Wir konnten durchsetzen, dass die Privatisierung von Bundesstraßen und Autobahnen ausgeschlossen wird.“ Er wollte damit in seiner Partei noch vorhandene kritische Geister beruhigen. Doch sein Hinweis läuft auf eine Täuschung hinaus. Grund und Boden sollen Bundeseigentum bleiben, aber Bau, Betrieb und Unterhaltung könnten sehr wohl privatisiert werden. Die erforderlichen Gesetzentwürfe sollen im Hause Schäuble bereits erarbeitet worden sein. Dann könnte auch die Maut für den Pkw kommen.   – Zur Aktualisierung siehe Anhang.

Das Schlimme ist, dass es den Installateuren der „privatrechtlich organisierten Gesellschaft“ in erster Linie ja gar nicht um eine bessere Lösung der Probleme geht, sondern um die Bereitstellung von Projekten für jene, die gewinnträchtige Anlagen für ihr Kapital suchen: Banken, Versicherungen, Spekulanten. Kann das eine staatliche Aufgabe sein?

Es gibt genug Nachweise dafür, dass Privatisierung die Erledigung staatlicher Aufgaben erheblich verteuert. – Und es ist die Fortsetzung einer Politik, die immer mehr Privat-Busse auf die Straßen bringt, den Super-Lkw forciert und die bereits vorhandene E-Mobilität nicht genügend ausbaut: durch mehr ÖPNV und mehr Lastverkehr auf Schiene und Wasser. So schließt sich der Kreis: es ist eine Politik, die nach neoliberalem Fahrplan roll und die so das Geld der Bürgerinnen und Bürger verschleudert, Probleme nicht wirklich löst, unter anderem durch die Vernachlässigung des Umweltschutzes gar neue schafft.


Hermann Zoller

 

Nachtrag zur Aktualisierung:

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) macht weiter Front gegen Pläne zur möglichen Privatisierung einer künftigen Autobahn-Gesellschaft. Gegen die dafür nötige Grundgesetzänderung hat er in der Ressortabstimmung einen Vorbehalt eingelegt und blockiert damit den Vorstoß von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Sprecher beider Ministerien sagten in Berlin, es würden nun weitere Gespräche und Beratungen abgewartet. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will ebenfalls, dass die Gesellschaft im vollen Besitz des Bundes bleibt.

Das Finanzministerium hofft weiter, bis Anfang Dezember eine Einigung der Bundesregierung zu erzielen und einen Gesetzentwurf zu beschließen. Der Sprecher betonte, die Infrastrukturgesellschaft sei Teil der Bund-Länder-Vereinbarungen zur Neuordnung der Finanzbeziehungen. Alles sei als Paket beschlossen worden. Die Ressortabstimmungen sollten eigentlich schon Ende vergangener Woche abgeschlossen sein. Widerstand kommt auch aus den Ländern.

Bund und Länder hatten Mitte Oktober vereinbart, eine Infrastrukturgesellschaft zu gründen, die sich um Bau, Planung und Betrieb der Autobahnen und einiger Fernstraßen kümmern soll. Der Bund soll aber Eigentümer der Autobahnen und sonstigen Bundesstraßen bleiben, hat Schäuble klargestellt. Das Eigentum soll als unveräußerlich im Grundgesetz verankert werden. Schäuble will aber zumindest die Möglichkeit schaffen, dass sich private Investoren an der Gesellschaft beteiligen dürfen. (dpa)

 
 

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